Geothermie: Heben wir den Energie-Schatz unter unseren Füßen
Der Grüne Landessprecher LR Stefan Kaineder
„Geothermie ist das nächste Erneuerbaren-Feld das wir nun bestellen müssen. Noch ist es spärlich bewachsen, aber mit den nötigen kraftvollen Schritten und einem klaren Bekenntnis verspricht es reiche Ernte. Geothermie liefert uns sauberste und beständige Energie und reiht sich damit ein in Wasser, Sonne und Wind. Die Fachexpert:innen haben uns heute eindrucksvoll aufgezeigt, was mit Geothermie alles möglich, wie enorm groß das Potential und was nun zu tun ist um sie umfassend zu nutzen. Dies zu begleiten und die nötigen Maßnahmen umzusetzen ist Aufgabe der verantwortlichen Politik. Sie muss dies offensiv machen, nicht wieder zögernd und relativierend. Wir alle erleben schaudernd die Folgen der fossilen Abhängigkeit, die viel zu lange so bequem war. Geothermie muss und wird Teil des Erneuerbaren-Bündels sein, dass diese Fesseln sprengt“.
Der Grüne Klubobmann LAbg. Severin Mayr:
„Wir betreten hier einen bislang unterschätzten aber extrem spannenden und chancenreichen Energiebereich. Unser Ziel ist es, Geothermie aus der Nische zu holen, breit auszurollen und sein ganzes Potential zu nutzen. Genaue Kenntnis und Informationen spielen hier eine zentrale Rolle. Wir haben deshalb Fachexpert:innen zu uns in den Grünen Klub eingeladen, um alle Aspekte und auch Voraussetzungen für eine breite Geothermie-Nutzung detailliert zu hören. Das entspricht auch unserem Politikstil um gezielt und mit konkreten Forderungen an die politisch Verantwortlichen heranzutreten. Denn nur mit Bekenntnis und tatkräftiger Unterstützung der Politik wird eine Geothermie-Offensive möglich sein. Nur mit Förderungen und anderen finanziellen Instrumenten können wir Geothermie-Projekte nicht nur wichtig, sondern auch attraktiv machen“.
Die enormen Energiepreise setzen Gesellschaft und Wirtschaft unter großen Druck. Die Politik steuert dagegen und versucht ganz konkret die gedrosselten Gaslieferungen mit kurzfristigen, und ja, fossilen Maßnahmen abzufedern. Zugleich zeigt diese prekäre Lage die Dringlichkeit, ja die Pflicht, die Energiewende voranzutreiben und genau diese fossile Abhängigkeit zu beenden. Dies selbstverständlich auch in Oberösterreich zu tun, fordern die Grünen konsequent und permanent ein. Oberösterreich ist reich an Erneuerbaren Energien. Möglichkeiten und Potential sind groß, die Instrumente bekannt. Aber genutzt werden sie von den Landesverantwortlichen nur unzureichend.
Nach einer Windkraftoffensive, einer Initiative zur solaren Nutzung von überdachten Parkplätzen, starten die Grünen nun eine Offensive für die Geothermie. Im Wissen um den Chancenreichtum und auch deren bisherige weitgehende Vernachlässigung hat der Klub der Grünen im Landtag Expert:innen des Austrian Institute of Technologies (ATI) zu einem Informations-Gespräch eingeladen. Ziel dieses Gesprächs war erstens weiterführende Kenntnisse über den Status quo der Geothermie und deren Potential zu erhalten. Zweitens daraus folgend die nötigen politischen Schritte abzuleiten, um die Nutzung der Geothermie in Oberösterreich zu forcieren.
Was ist Geothermie:
Geothermie ist die Nutzung der Erdwärme. Die gespeicherte Wärme resultiert aus dem geologischen Aufbau der Erde. Sie kann zum Heizen und Kühlen von Gebäuden oder Städten bis hin zur Gewinnung von elektrischer Energie eingesetzt werden. Die Vorteile sind markant. Sie ist saisonal speicherbar, kostengünstig, stabil und importunabhängig. Geothermie ist kaum sichtbar, da sich die Anlagen meist im Erdreich befinden. Im Fall oberflächennaher Geothermie ist die Wärmepumpe im Technikraum, im Fall der tiefen Geothermie ein Heizwerk.
Oberflächennahe versus tiefe Geothermie
Oberflächennahe Geothermie nutzt die Erdenergie bis in eine Tiefe von 300 Metern und Temperaturen von bis zu 25 Grad, wird durch Flachkollektoren, Tiefensonden, erdberührten Bauteilen oder seichtem Grundwasser gewonnen und etwa bei der Beheizung und Kühlung von Gebäuden durch eine Kopplung mit einer Wärmepumpenanlage eingesetzt – mehrheitlich in Haushalten, ebenso aber in Dienstleistung, Gewerbe und Industrie.
Tiefe Geothermie nutzt die Wärme ab 300 Meter und Temperaturen ab 30 Grad bis über 100 Grad. Die meisten tiefengeothermischen Anlagen nutzen Wärme aus 1.500 bis 5.000 Metern mit Temperaturen von über 60 . Hydrothermale Anlagen zielen auf den Energiegehalt von warmem bis heißem Thermalwasser, petrothermale Systeme machen die Wärme aus tiefliegenden eher trockenen Gesteinsschichten nutzbar.
Das Potential der Geothermie:
Gemessen an der derzeitigen Nutzung hat Geothermie das größte Potential der Erneuerbaren. Für Heizzwecke wird Erdwärme bisher nur zu zwei Prozent des technisch möglichen Potentials eingesetzt, für die erneuerbare Stromerzeugung so gut wie gar nicht. Bei der tiefen Geothermie werden bislang nur rund 10 Prozent der bekannten Ressourcen von mindestens 1.000 MW genutzt. Oberflächennahe Geothermie wird vor allem für Wärmepumpen eingesetzt. Deren Potential am heimischen erneuerbaren Wärmemarkt liegt bei mindestens 20 Prozent. Damit steht enormes Potential für die Bereiche Heizen und Kühlen bereit, beträgt doch deren Energiebedarf über 50 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs.
Damit ist Geothermie ein Hoffnungsträger der Energiewende. Insbesondere in der nunmehrigen Situation einer gedrosselten Gaslieferung und gar eines drohenden Gasboykott Russlands infolge des Ukraine-Krieges. Gerade der hohe Gasanteil in vielen Fernwärmeanlagen kann künftig durch Erdwärme ersetzt werden. So speist sich die Fernwärme der Stadt Linz zu 51% und die Stadt Wien sogar zu 65% aus fossiler Energie, insbesondere Gas. Wien hat aktuell ein Projekt gestartet, das 120 Megawatt thermischer Leistung aus rund 3.000 m Tiefe für die Fernwärme zu nutzen plant. Als gute Ausgangsbasis ist zudem zu sehen, dass österreichische Forschungseinrichtungen und Unternehmen eine jahrzehntelange Erfahrung mit der modernen Nutzung von Geothermie haben.
Geothermie in Oberösterreich
Laut OÖ Energiebericht 2021 sind in Oberösterreich derzeit acht geothermische Fernwärmenetze in Betrieb (in Altheim, Bad Schallerbach, Braunau-Simbach, Geinberg, Haag, Obernberg, Ried/Mehrnbach und St. Martin im Innkreis), in zwei Anlagen davon wird auch elektrische Energie erzeugt. Die gesamte Wärmeerzeugung aus Geothermie in OÖ sind rund 100 GWh.
Was die Schwierigkeiten für den weiteren Ausbau sind, zeigt sich aktuell beim geplanten Ausbau der Geothermie-Anlage in Ried im Innkreis/ Mehrnbach. Die Nachfrage ist im Moment enorm, die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und die großen Preissteigerungen bei Öl und Erdgas rücken Alternativen wie die Geothermie Ried-Mehrnbach noch stärker in den Fokus. Eine vierte Tiefenbohrung wäre sinnvoll, um zusätzliche erneuerbare Heizenergie-Mengen zu erschließen.
Jedoch zögern hier die Energieversorger Energie Ried Wärme GmbH, die zu 60% im Eigentum der Stadtgemeinde Ried i.I. und zu 40% der Energie AG OÖ Wärme GmbH ist. aufgrund der Investitionskosten. Mögliche Fehlbohrungen bergen nämlich ein Risiko. Im Besten Fall liegen die Investkosten bei rund 2 Mio. Euro, im Fall von Fehlbohrungen könnten sie aber in den zweistelligen Millionenbereich gehen. Aber alle sind sich einig: Langfristig rechnet sich die zusätzliche Bohrung in jedem Fall.
Maßnahmen und Grüne Forderungen
Um die Nutzung der Geothermie zu steigern, sind markante, von der Politik getragene und unterstützte Schritte nötig: Geothermische Projekte
- erfordern durchaus hohe Anfangsinvestitionen vor allem für die Bohrkosten. Hier muss die öffentliche Hand einen Beitrag leisten – etwa durch Kreditfinanzierungsgarantien des Landes OÖ oder die direkte Beteiligung öffentlicher Energieversorger an Geothermie-Projekten;
- bedürfen Installateure und Bohrunternehmen. Hier gibt es seitens des Bundes bereits viele Anstrengungen und entsprechende Ausbildungsoffensiven – unter anderem verstärkt Brunnenmeister-Kurse. Angeboten werden Umschulungen und Weiterbildungsmaßnahmen etwa für Gas- und Ölkessel-Installateure oder in der Öl- oder Gas-Exploration tätige Personen.