Skip to main content
14.05.2024 Allgemein

Die Sache mit dem Par­ken in Bad Ischl

Seit Jahren ist das Thema Parkplätze ein Dauerbrenner in der politischen Diskussion in Bad Ischl. Doch nicht jeder Parkplatz zählt in der Debatte gleich viel. Und auch die Ziele sind nicht bei allen Gruppen die gleichen. Selbst die Sicht auf das Problem ist unterschiedlich und damit ist es fast unmöglich eine von allen Seiten akzeptierte Sichtweise zu finden. Wir sind angetreten sachlich, aber bestimmt zu argumentieren – und immer das Klima im Blick zu haben.

 

Zum ersten Mal seit langer Zeit sinken die Treibhausgas-Emissionen in Österreich wieder. 2023 wurden rund 5,3 Prozent weniger klimaschädliche Treibhausgasse ausgestoßen als im Jahr zuvor. Selbst im Sektor Verkehr, seit vielen Jahren das große Sorgenkind der Klimapolitik in Österreich, gab es einen leichten Rückgang. Betrachtet man aber die Zeit zwischen 1990 und 2022 gab es allein im Sektor Verkehr einen Anstieg der Emissionen um ca. 7 Millionen Tonnen CO2e. In allen anderen Sektoren sanken die Emissionen hingegen, teils auch stark. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 (Österreich) oder 2050 (EU) ist damit noch eine sehr große Herausforderung.

 

Auf regionaler Ebene ist besonders die Anzahl an zurückgelegten Wegstrecken und deren Entwicklung interessant. Die OÖ-Verkehrserhebung 2022 zeigt für die Gemeinden Bad Ischl, St. Wolfgang und Ebensee einen Anteil von 66,3 Prozent den die Wohnbevölkerung mit dem motorisierten Individualverkehr (MIV / hpts. Auto) zurücklegt. 2012 war dieser Anteil mit 64,8 Prozent noch geringer. Im sogenannten Umweltverbund (Rad- und Fußverkehr und Öffentliche Verkehrsmittel) ist nur der Anteil an Wegen mit dem Rad ganz leicht von 7,2 auf 8,3 Prozent gestiegen, der Umweltverbund insgesamt ansonsten aber gesunken. Die Wege zum Arbeitsplatz werden sogar zu 78,8 Prozent mit dem MIV zurückgelegt.

 

Diese Daten bestätigen auch die Analysen des VCÖ aus dem Jahr 2020. Es zeigte sich, dass allein die Autofahrten am Arbeitsweg mehr als drei Millionen Tonnen CO2e Emissionen verursachen. Dabei sind die Wegstrecken meistens kurz – immerhin 37 % der Arbeitswege sind kürzer als 5 Kilometer und damit jedenfalls als Radfahr-tauglich zu bezeichnen.

 

Soweit die Vogelperspektive auf das Thema Klimawandel und Verkehr. Aus unserer Sicht jedenfalls ein klarer Auftrag nicht einfach so weiterzumachen wie bisher. Damit sich etwas ändert brauchen wir aber alle – die öffentliche Hand, die Unternehmen und natürlich alle Menschen, ob jung oder alt.

 

Parkplätze in Bad Ischl

 

„Um 8 in der Früh sind alle Parkplätze in Ischl voll“ – so liest oder hört man es immer wieder. Am Stammtisch oder auf Facebook. Und die Aussage stimmt – soweit sie sich auf die vier beschrankten Parkplätze mit einer Kapazität von aktuell 450 Stellplätzen (Rechensteg, Traunkai, Kaiservilla und Kongress) und die Wochentage Montag-Freitag bezieht. In der Analyse der Auslastungszahlen mit parkenden Autos zeigt sich auf allen vier Parkplätzen immer das gleiche Muster – Montag bis Freitag, ab zirka 7 Uhr füllen sich die angesprochenen Parkplätze sehr schnell und ca. 1 bis 1,5 Stunden später findet sich kein freier Parkplatz mehr. Dass daher in Bad Ischl keine Parkplätze mehr frei sind, stimmt jedoch nicht. Denn weder die unbeschrankten Parkplätze mit einer Kapazität von über 800 Stellplätzen (Dumbastraße, Stifterkai oder Maria-Theresien-Weg), noch die Zentrums-Tiefgarage mit einer Kapazität von über 300 Stellplätzen sind in dieser Auslastungsanalyse inkludiert. Die dortigen Auslastungen sind bisher nur auf Basis von Beobachtungen zu analysieren. Die Annahme, dass insbesondere am Vormittag und unter der Woche zum Beispiel die Zentrums-Tiefgarage oder auch der Maria-Theresien-Weg nicht voll ausgelastet ist, sollte aber keine allzu gewagte Hypothese sein.

 

Zurück zu den beschrankten Parkplätzen und dem vormittäglichen Engpass. Ab zirka 12.00 Uhr beginnen sich die Auslastungszahlen langsam zu senken, ab spätestens 13 Uhr sind auf fast allen beschrankten Parkflächen wieder Stellplätze frei. Die oftmals zitierte Parkplatz-Not bezieht sich faktisch also ausschließlich auf den Vormittag an Werktagen und nur auf die vier beschrankten Parkplätze der Stadtgemeinde. Anzumerken ist auch, dass auf allen vier beschrankten Parkflächen eine Grundauslastung von zirka 25 % besteht. Ganz leer sind die Parkplätze also nie. Manche Autos stehen auch mehrere Tage ungenutzt dort oder sogar mehrere Wochen.

 

Parkgebühren und Vollkosten

 

Es wird bekanntlich nix hergeschenkt. Der Blickwinkel auf diese Aussage in Anbetracht der Parkgebühren in Bad Ischl weckt viele Emotionen. Parken wird oftmals auch mit dem Adjektiv „leistbar“ verknüpft – ob wir uns mehr Verkehr im Klimabudget leisten können, ist damit wohl aber nicht gemeint. Was sagen aber die Fakten zu den Kosten?

 

Der Normaltarif auf den, am Vormittag unter der Woche mehr als ausgelasteten beschrankten Parkplätzen, beträgt zwei Euro die Stunde. Den bezahlen jedoch die allerwenigsten – insbesondere zu den beschriebenen Zeitpunkten der Vollauslastung. Zwei von drei Autos parken mit einer Jahreskarte – im Durchschnitt ca. sieben Stunden. Im Vergleich dazu parken Normal-Tarif-Autos nur zirka zwei bis drei Stunden. Rechnet man sich den Stundentarif einer Jahreskarte für eine 5-Tage-Woche und (nur) vier Stunden pro Tag aus, kommt man auf 0,32 Euro pro Stunde. Das sind nur 16 % vom Normal-Tarif und damit ein Rabatt von -84 % den die Stadtgemeinde Jahreskarten-Autos für das tägliche Parken auf den beschrankten Parkplätzen gewährt.

 

Umgekehrt gerechnet würden Dauerpark-Autos auf den Stellflächen der Zentrumstiefgarage für 230 Tage und mindestens vier Stunden beim dortigen Normaltarif über 2500 Euro und am Salinenplatz (5 Euro pro Tag) 1150 Euro bezahlen. Hingegen am Maria-Theresien-Parkplatz nur 190 Euro pro Jahr (Jahreskarte) oder sogar gar nix (gratis!) im Falle eines bestätigten Arbeitsplatzes in einem Betrieb in der Stadt. Ein kleiner Tarif-Dschungel, der aber zeigt, wie billig die beschranken Parkplätze mit Jahreskarte sind und welche noch billigeren Möglichkeiten die Stadtgemeinde bietet.

 

Wir sind nur so stark, wie wir vereint sind.

 

Viele Personen mit Jahreskarte nutzen unter der Woche am Vormittag zu sehr „leistbaren“ Tarifen die beschrankten Parkplätze. Die Sichtbarkeit aller anderen Stellflächen ist noch nicht gegeben und damit wird der stetige Eindruck erweckt, als gäbe es keine Parkplätze mehr. Die gibt es aber – vielleicht nicht dort wo man sie vermeintlich braucht oder zum Preis den man zu zahlen gewohnt ist. Eine Frage der Verteilung und auch des Willens zur gemeinsamen Lösung dieser Herausforderung.

 

Nachvollziehbarerweise wünschen sich die Geschäfte der Innenstadt und auch die Gastronomie für Gäste und Kund:innen freie Parkplätze – egal ob am Vormittag unter der Woche, am Abend oder am Wochenende. 2/3 der Zeit, also von ca. 13 Uhr bis 7 Uhr gibt es diese freien Parkplätze auch fast immer – auch auf den beschrankten Parkplätzen, die im Parkleitsystem angezeigt werden. Darüber hinaus gibt es auch Stellflächen die sehr wahrscheinlich (wie gesagt, fehlen hier die Beobachtungsdaten einer Schrankenanlage) unter der Woche am Vormittag frei sind – in der Zentrums-Tiefgarage, am Stifterkai oder auch am Zentrumsrand am Maria-Theresien-Weg. Auch nachvollziehbar ist das Park-Verhalten von vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sehr günstige und sehr zentral gelegene Parkplätze nutzen. Dass aber alle Personen, ob Kund:innen oder Mitarbeiter:innen immer und stark subventioniert auf den beschrankten Parkflächen parken können, ist ökonomisch und insbesondere ökologisch nicht sinnvoll.

 

Es gilt gemeinsam alle Anstrengungen zu unternehmen, dass möglichst alle bestehenden Parkflächen bestmöglich genutzt werden, um den Druck auf die billigen, beschrankten Parkflächen unter der Woche am Vormittag zu minimieren. Das gelingt mit besserer Kommunikation der verfügbaren Stellflächen aber auch mit der Motivation, dass vermehrt Stellflächen am Zentrumsrand genutzt werden oder auch zeitweise auf das Auto verzichtet wird. Und wie viele Studien zeigen ist dieser sogenannte Verzicht eigentlich ein Gewinn an Gesundheit und Abbau von Stress.

Martin Schott
Martin Schott

Stadtrat für Klimaschutz, Wirtschaft und Tourismus

Bad Ischl

[email protected]
Beitrag teilen
1
2
3
4
5
6
7
8