Viel Aufregung um Pestizid-Daten: Wir klären auf!
In den letzten Tagen gab es einiges an Berichterstattung über den Pestizid-Verbrauch in Österreich. Vorwürfe der Landwirtschaftskammer, des Landwirtschaftsministeriums und der Pestizidhersteller sorgten für Aufmerksamkeit: Grüne oder GLOBAL 2000 würden falsche Zahlen verbreiten, oder biologische Pflanzenschutzmittel seien für den Anstieg verantwortlich. Diese Behauptungen sind absurd – und wir erklären, warum. Bitte kläre auch in deinem Umfeld darüber auf!
Wie sich die Pestizidanwendung wirklich entwickelt
Grundlage der aktuellen Analyse sind erstmals wirkstoffgenaue Verkaufszahlen des Landwirtschaftsministeriums – offengelegt durch eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Agrarsprecherin Olga Voglauer. Auf dieser Basis hat GLOBAL 2000 berechnet, welche Fläche damit potenziell behandelt werden kann. Die Ergebnisse:
- Die potenziell pestizidbehandelte Fläche ist seit 2010 um 22 % gestiegen.
- Die mit Substitutionskandidaten behandelte Fläche – von der EU als besonders bedenklich eingestufte Wirkstoffe – hat sich verdoppelt.
- Die mit PFAS-Pestiziden (äußerst stabile und langlebige Chemikalien, die in der Umwelt bleiben, weshalb sie als „Ewigkeits-Chemikalien“ bezeichnet werden) behandelbare Fläche hat sich verdreifacht.
- Im Jahr 2024 hätten 7,5 Millionen Hektar mit Pestiziden behandelt werden können – im Schnitt also fünf Anwendungen pro Hektar Ackerland oder Dauerkultur.
Sofort wurde von allen Seiten behauptet, die Bio-Landwirtschaft sei für den Anstieg verantwortlich! Deswegen haben wir diese „Bio-tauglichen“ Wirkstoffe gesondert betrachtet und da diese auch in der konventionellen Landwirtschaft verwendet werden, wir aber nicht wissen zu welchem Anteil, wurde alles „Bio“ zugerechnet.
- Die mit biologischen Pflanzenschutzmitteln behandelbare Fläche beträgt lediglich 370.000 Hektar, also rund 5 % der gesamten behandelbaren Fläche.
- Bio-Flächen (Ackerland und Dauerkulturen) würden im Schnitt 1,2 Mal pro Jahr mit „Bio-tauglichen“ Pestiziden behandelt, auf konventionellen Flächen werden jedoch 6,6 Mal Pestizide gespritzt.
Die Behauptung von ÖVP-Landwirtschaftsminister Totschnig und der vom ÖVP-Bauernbund dominierten Landwirtschaftskammer, die Bio-Landwirtschaft sei für steigende Pestizidzahlen verantwortlich, ist eigentlich skandalös!
Wir werden weiterhin klarstellen: Die Bio-Landwirtschaft ist ein Vorbild – und ihre Stärkung sorgt dafür, dass unsere Böden, Gewässer und Lebensmittel gesund bleiben!
Warum verschiedene Zahlen kursieren
GLOBAL 2000 berechnet die behandelbare Fläche, während Landwirtschaftskammer, Ministerium und Pestizidlobby mit Kilogramm argumentieren. Dieses Vorgehen führt jedoch in die Irre, weil Wirkstoffe sehr unterschiedliche Anwendungsmengen haben:
Chemisch-synthetische Wirkstoffe werden oft in Gramm pro Hektar eingesetzt, biologische hingegen in Kilogramm. Daher kann die reine Kilogrammstatistik steigen, obwohl auf weniger Fläche gespritzt wird – oder sinken, obwohl auf mehr Fläche behandelt wird. Kleine Mengen vieler synthetischer Mittel gehen in der Gesamtmenge schlicht unter.
Selbst die AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) bestätigt in einer Studie von 2024, dass die Betrachtung der behandelbaren Fläche aussagekräftiger ist, wenn man das Ausmaß des Pestizideinsatzes verstehen möchte.
Warum ignoriert die offizielle, ÖVP-dominierte Landwirtschaftsvertretung, dass wir von Hektar und nicht von Kilogramm reden? Vielleicht, weil ihnen die Ergebnisse nicht passen …
Welche Wirkstoffe einbezogen wurden
Berücksichtigt wurden ausschließlich jene Wirkstoffe, die tatsächlich am Feld zur Anwendung kommen. Wirkstoffe, die nur im Vorratsschutz eingesetzt werden – wie CO₂ – wurden aus der Berechnung ausgeklammert.
Seit Freitag 5. Dezember 2025 ist diese Vorgehensweise öffentlich bekannt. An dem Tag hat GLOBAL-2000 ihre Stellungnahme mit der genauen Darlegung der Berechnungsmethode veröffentlicht.
Dass dennoch weiterhin – bis hin zum ÖVP-Landwirtschaftsminister Totschnig – behauptet wird, CO₂ sei eingerechnet worden, ist nach den mehrfach erfolgten Richtigstellungen eigentlich unfassbar.
Wie geht es jetzt weiter – und was kannst du tun?
Du siehst also, die Lage ist wirklich besorgniserregend. Um Wege für eine deutliche Pestizidreduktion zu finden, braucht es zuallererst eine sachliche Debatte und eine solide Datengrundlage. Den ersten Schritt haben wir gemacht – aber eigentlich sehen wir das als eine Aufgabe des Landwirtschaftsministers. Und wir werden nicht lockerlassen, bis er diese Aufgabe auch wahrnimmt.
Wir kämpfen natürlich weiter – für
- mehr Transparenz über den Pestizideinsatz, etwa durch eine Anwendungs-Datenbank, damit endlich klar wird, wo welche Mengen ausgebracht werden.
- ein Verbot von PFAS-Pestiziden („Ewigkeitschemikalien“), die unsere Umwelt dauerhaft belasten.
Obmann Andreas Lackner, GBB (Grüne Bäuerinnen und Bauern) hat dazu eine parlamentarische Bürger:inneninitiative eingebracht. Du kannst sie auch online unterzeichnen – je mehr Unterstützung wir dafür erhalten, umso mehr Gewicht bekommt die Forderung nach einem Verbot von Ewigkeitschemikalien auf unseren Äckern!
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Stellungnahme Global 2000 zur parlamentarischen Anfragebeantwortung über Pestizid-Statistiken
Grundlage für diesen Artikel war der Artikel der Grünen Bäuerinnen und Bauern vom 12. 12. 2025