Regionale Auswirkungen des Klimawandels
Wetterveränderungen im Mühlviertel
Interview mit Ing. Christian Nimmervoll, Leiter der Wetter-Online-Plattform Mühlviertel
Herr Ing. Christian Nimmervoll aus Kirchschlag beschäftigt sich seit Kindesbeinen an mit dem Thema Wetter und dessen Beobachtung. Dank seiner genauen und bereits über viele Jahre dauernden Aufzeichnungen des Wetters im Mühlviertel, liefert er auch wertvolle Daten und Expertisen zum Thema der regionalen Klimaveränderung.
Seit 2000 fertigt er sogenannte Grafiken der Jahresdurchschnittstemperatur an. Die Kurve war bis 2010 sehr gerade. Seit 2011/2012 geht die Kurve jedoch sehr dynamisch nach oben, nicht nur linear. Auch das Mühlviertel ist betroffen und die Veränderung wahrnehmbar und durch Daten und Fakten dokumentiert. Überraschend ist die Geschwindigkeit der Temperaturzunahme. Der Juli 2024 reiht sich bereits unter die heißesten Julimonate der letzten 25 Jahre ein.
Der 21.7.2024 war zudem laut dem EU-Beobachtungsdienst Copernicus der bisher weltweit heißeste je gemessene Tag! Die Durchschnittstemperatur betrug 17,09.
Wie schwierig ist es geworden, längerfristige Wetterprognosen zu treffen und was macht es zusehends schwierig?
Für den Wetterforscher Marc Olefs ist die Hitze die momentan tödlichste Naturgefahr, Mittlerweile gibt es allein in Ö mehr Hitzetote als Verkehrstote!
Seit den 80iger und 90iger sind beispielsweise die Starkregenereignisse um 15 % gestiegen.
Nach 2000 ist zudem ein Temperaturanstieg im Mühlviertel im Schnitt um mehr als 1 °C festzustellen!
Die Wärme in der Atmosphäre nimmt immer mehr zu, das bedingt, dass Unwetterereignisse, wie Starkregen und Hagel immer häufiger werden. Durch punktuelle Wetterereignisse mit enormen Sachschäden und Gefahr für Leib und Leben sind immer mehr Zivilschutz Alarme notwendig. So waren zum Beispiel die Hagelschäden 2021 im Mühlviertel enorm. Mehr als 7 cm große Hagelgeschoße haben die Scheiben von PKWs eingeschlagen und Hausdächer schwer beschädigt! 2024 mussten z. B. Bahnstrecken für Monate gesperrt werden.
Die Wetterverhältnisse sind zwar dynamischer geworden, aber durch die besseren Rohdaten und Berechnungen der Wettermodelle, sowie durch Computerprogramme gelingt es gleichzeitig immer besser an valide Daten zu gelangen. Lokale Wetterereignisse sind dennoch schwer vorherzusagen. Gewitter sind oft nur sehr regional begrenzt. Auch die Dimensionen der Wetterereignisse sind schwer vorherzusagen. Rechenmodelle helfen hier nur bedingt.
Faktoren, die unser Wetter im Mühlviertel beeinflussen und welche Wetterextreme sind hier künftig zu erwarten?
Schwere Gewitter entstehen im Bereich des 3 Länderecks, hervorgerufen durch die höchsten Erhebungen dort. Der Moldaustausee und der Böhmerwald geben viel Feuchtigkeit ab. Ebenso die vielen Natur- und Waldflächen im östlichen Mühlviertel.
Durch die unterschiedliche Verteilung der Feuchtigkeit im Mühlviertel gibt es viele unterschiedliche Klimazonen.
Früher gab es viel Schnee in den höher gelegenen Gebieten wie Kirchschlag und Sandl. Das hat sich massiv verändert. Im unteren Mühlviertel wird es zunehmend trockener, es geht in Richtung Wachau Klima.
Die Veränderung des Klimas zeigt die Vegetation am deutlichsten. Früher gab es in Kirchschlag kaum Obstbäume. Jetzt wachsen Kirsch- Birne- Marillen und Apfelbäume. Die Fichten hingegen mögen es nass und frisch und sind durch die höhere Wärme und Trockenheit sehr anfällig für Krankheiten und den Borkenkäfer.
Die Donau beeinflusst das Wetter nicht entscheidend. Es ist die feuchte Luft vom Flachland aus dem Süden, die sich an der Hügellandschaft staut.
Erfahrungen mit Leugnern des Klimawandels
Seit ein bis zwei Jahren gibt es immer öfter negative oft beleidigende Erfahrungen, wahrscheinlich hervorgerufen durch die Angst vor Veränderung. Das am häufigsten vorgebrachte Argument ist der Hinweis auf vergangene Hitze- und Kälte-Perioden in der Geschichte der Erde. Die hat es gegeben, nur zogen sich diese Klimaveränderungen über viele hunderte und tausende Jahre hin. Die Veränderungen jetzt gehen sehr rasch und dadurch entsteht eine großer Anpassungsdruck für die Natur.
Wir müssen von der Politik ein rasches Handeln verlangen. Das ständig geforderte Wirtschaftswachstum ist ein sehr großes Problem, da es mit einem hohen Ressourcenverbrauch verbunden ist. Wir müssen endlich die Warnungen der Wissenschaft ernst nehmen und deren Erkenntnissen vertrauen!
Leider sind die Veränderungen des Klimas viel zu schnell, um passgenau darauf reagieren zu können. Die Modelle zur Berechnung künftiger Ereignisse sind gut, aber das voranschreitende Auftauen der Permafrostböden, das mögliche Versiegen des Golfstromes, das Abschmelzen der Gletscher, dafür gibt es keine passenden und exakten Erklärungsmodelle. Wir wissen hier vieles nicht. Darum werden immer mehr Daten gesammelt. Zum Beispiel werden bei Schiffen Temperatursensoren angebracht, um Änderungen umgehend zu kommunizieren. Exakte Berechnungsmodelle, die einfach ausspucken, was in ein paar Jahren wettermäßig auf unserer Erde los sein wird, gibt es nicht.