Mut zum Verschwenden – wie groß ist diese Vision wirklich?
Wir GRÜNE haben gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien im Gemeinderat gegen den mit knapp 86.000 Euro dotierten Auftrag an die FH Steyr gestimmt. Alle sind wir der Meinung, dass uns diese finanzielle Ausgabe mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht dem Ziel näherbringt, das Schloss Weidenholz sanieren zu können.
Alleine hat die ÖVP in der Gemeinderatssitzung vom 14. März folgenden Tagesordnungspunkt beschlossen:
„Die Fachhochschule OÖ. Campus Steyr wird vorbehaltlich der positiven Förderzusage des Landes OÖ. (Leader-Förderung) mit der Erstellung eines Projektes zur Verwertung des Schlosses Weidenholz als Agrartechnikzentrum lt. Anbot vom 10.1.2024 zu einer Gesamtauftragssumme von € 86.408,– exkl. USt. beauftragt. Die Marktgemeinde Waizenkirchen erklärt sich bereit, bei positiver Förderzusage das Projekt vorzufinanzieren und den Eigenanteil in Höhe von 40 % der Gesamtkosten zu übernehmen.”
Warum wir letztendlich dem Auftrag skeptisch gegenüberstehen, hat, abgesehen von den unten beschriebenen Fakten noch folgenden Hintergrund:
Die Lage der Gemeindefinanzen zeigt, dass außerordentliche Ausgaben immer schwieriger zu stemmen sein werden. Wir sind in den letzten Jahren laufend damit konfrontiert, Kosten und Gebühren zu erhöhen und Ausgaben zu reduzieren und einen möglichst großen Teil der Kosten über Förderungen abzudecken. Nachdem es nicht unwahrscheinlich ist, dass die Gemeinde 2025 in den Härteausgleich fällt (Abgangsgemeinde) und somit keinerlei Spielraum für Projekte dieser Art hat, war es uns wichtig im Vorfeld vor allem auch die Kostenseite des Auftrages zu prüfen, weil wir es als unsere politische Verantwortung sehen.
Die Weiterentwicklung des Projekts Schloss Weidenholz liegt uns GRÜNEN sehr am Herzen
Deswegen bemühen wir uns auch intensiv Ideen zu unterstützen, die eine Sanierung des Schlosses weiterbringen. In einem Telefonat mit Mag. Klaus Kohout vom Bundesdenkmalamt konnten wir beispielsweise bereits im Jahr 2021 erfahren, dass seitens BDA keine prinzipiellen Bedenken gegen eine teilweise Bebauung der leeren Flächen beim Schloss bestehen. Dies führte dann dazu, dass auch seitens der ÖVP darüber nachgedacht wurde, einen Zubau (Stichwort Veranstaltungszentrum) im Zuge der Schlosssanierung zu errichten.
Selbstverständlich stehen wir jeder neuen Initiative, die Schlosssanierung voranzubringen, positiv gegenüber und dementsprechend nahmen wir Informationen des Bürgermeisters im Zuge von Gemeindevorstandssitzungen zu Gesprächen mit der FH Steyr immer wohlwollend auf. Aber Details dazu wurden im Vorfeld weder im Gemeindevorstand, noch im zuständigen Ausschuss genannt.
Versuch das Thema unauffällig durch den Gemeinderat zu bringen?
Für den 15. Februar 2024 wurde eine außerordentliche Gemeinderatssitzung einberufen, um für die Umbauarbeiten des Kindergartens notwendige Beschlüsse zu fällen. Zu dieser Sitzung wurde rechtzeitig mit Tagesordnung eingeladen. Überraschenderweise wurde dann am 12. Februar, also unzulässigerweise nur 3 Tage vor der Sitzung, eine erweiterte Tagesordnung ausgeschickt, die folgenden zusätzlichen Tagesordnungspunkt enthielt:
„2) Fachhochschule OÖ., Campus Steyr – Erstellung eines durch LEADER geförderten Projektes „AgTeCastle Schloß Weidenholz“; Auftragsvergabe und Beschlussfassung des Eigenanteiles“
Auf Rückfrage wurde uns dazu eine Beilage übermittelt, deren Inhalt u. a. darüber Aufschluss gab, welche Kosten hier seitens der FH Steyr vorgeschlagen wurden und dass bereits am 29. Jänner in einer Projektaufsichtsratssitzung der LEADER-Region Mostlandl Hausruck über das Projekt abgestimmt wurde. Aus unserer demokratiepolitischen Sicht wäre eine Information des Gemeinderates und eine entsprechende Vorstellung des Projektes im zuständigen Ausschuss das Mindeste gewesen! Das man hätte machen sollen, bevor ein Projekt dieser Größenordnung offiziell einem LEADER-Gremium vorgelegt wird. Vermutlich wurde an diesem Projekt schon im Herbst/Winter 2023 gearbeitet, ohne auch nur die geringste Information darüber an die Gemeinderäte oder Gemeindevorstände außerhalb der ÖVP weiterzugeben.
Auch wurden weder Nicht-ÖVP-Gemeindevorstände, noch der gesamte Gemeinderat darüber informiert, dass das Land OÖ in einer Stellungnahme vorschlug, den Auftragsumfang und die Kosten zu prüfen und entsprechend anzupassen.
In der Gemeindevorstandssitzung vom 15. Februar (diese fand untypischerweise aufgrund der außerordentlichen Einberufung der Gemeinderatssitzung am gleichen Tag statt) brachten wir den Vorschlag ein, aufgrund fehlender Informationen den Tagesordnungspunkt wieder von der Tagesordnung zu nehmen und in der nächsten regulären Gemeinderatsitzung am 14. März zu behandeln. Dies sollte uns die Möglichkeit verschaffen mit dem Vertreter der FH Steyr über die Details des Projektes zu sprechen, um uns ein umfassenderes Bild darüber machen zu können. Der Vorschlag wurde von der ÖVP angenommen und der Tagesordnungspunkt vertagt und es wurde vereinbart, dass in der Gemeindevorstandssitzung vom 28. Februar persönlich mit dem Vertreter der FH Steyr das Projekt besprochen wird.
Bemühungen um ausreichende Informationen
Um keine Zeit zu verlieren, richteten wir bereits am 17. Februar per Mail eine Anfrage an Dr. Michael Schmidthaler, Studiengangsleiter des Master-Studienganges „Agrarmanagement & -innovationen“ mit dem Ersuchen um Kontaktaufnahme zur Klärung offener Punkte. Auf diese Anfrage erhielten wir keinerlei Reaktion. Die Gemeinde hat uns am 19. Februar u. a. ein sogenanntes Proforma-Angebot der FH Steyr übermittelt, welches abgesehen von den Kosten recht wenig über den tatsächlichen Projektumfang ausgesagt hat.
Am 27. Februar richteten wir per Mail an Dr. Schmidthaler und die Mitglieder des Gemeindevorstands eine Liste an Fragen, die wir gerne in der Vorstandssitzung am Folgetag besprochen hätten. Auch auf diese Anfrage erhielten wir keine Reaktion.
In der Vorstandssitzung am 28. Februar wurden von uns u. a. folgende Fragen und Vorschläge eingebracht und diskutiert:
- Ausstiegsszenario und somit entsprechende Risikominimierung nach Ablauf der halben Projektzeit
- Beschreibung wie ein Erfolg der jeweiligen Projektphasen konkret aussehen könnte?
- Risikoeinschätzung, wie wahrscheinlich es ist, dass das Entwicklungsprojekt ohne messbaren Erfolg abgeschlossen wird?
- Was ist das eigentliche und reale Ziel des Projektes? Welche Dokumente sollen nach erfolgreichem Abschluss des Projektes vorliegen (z. b. Planungsunterlagen, Sponsorenverträge, …)?
- Anpassung des Zahlungsplans, sodass die Finanzierungskosten für die Gemeinde reduziert werden?
Vereinbart wurde, dass die FH Steyr entsprechende geänderte Projekt- und Angebotsunterlagen vorlegt, damit der Punkt in der nächsten Gemeinderatsitzung tatsächlich beschlossen werden kann.
Am 1. März wurden die besprochenen Punkte nochmals von uns zusammengefasst und an Dr. Schmidthaler mit dem Hinweis übermittelt, dass wir die Zeit bis zur Gemeinderatsitzung gut nutzen könnten und für Rückfragen gerne zur Verfügung stünden. Dieses Schreiben wurde ebenfalls nicht beantwortet.
Erst am 7. März wurde uns schließlich ein Angebot übermittelt, das aber die angesprochenen Punkte nur teilweise und unzureichend behandelt. Am 8. März haben wir ein weiteres detailliertes Ansuchen um Ergänzung und Klärung an Dr. Schmidthaler geschickt, wobei auch dieses Schreiben unbeantwortet blieb.
Um die Thematik positiv abschließen zu können, richteten wir am 13. März, also 2 Tage vor der Sitzung, per Mail einen Appell an den Bürgermeister und Dr. Schmidthaler, die offenen Punkte zu klären.
Am 14. März, also am Tag der entscheidenden Gemeinratssitzung erhielten wir vom Bürgermeister eine einseitige Ergänzungsvereinbarung übermittelt, in der sehr unkonkret manche der besprochenen Punkte nachgereicht wurden. Dies erfolgte, nachdem wir telefonisch bei der FH Steyr um Rückruf durch Dr Schmidthaler ersucht hatten.
Die Thematik wurde dann in der Gemeinderatssitzung am 15. März ausführlich diskutiert und in der eingangs angeführten Art und Weise beschlossen (https://www.youtube.com/watch?v=oFfoXxaEvK4 ab Minute 18:00)
Im Sinne der guten Zusammenarbeit haben wir am 17. März eine detaillierte Zusammenstellung der aus unserer Sicht offenen Fragen an den Bürgermeister und Hr. Schmidthaler übermittelt, die ebenfalls unbeantwortet blieb.
Es ist für uns schon recht verwunderlich, dass Dr. Schmidthaler, der als Vizebürgermeister und Fraktionsobmann der ÖVP Losenstein die gemeindepolitischen Abläufe recht gut kennen sollte, es nicht für notwendig erachtete mit uns zu kommunizieren. Abgesehen davon gebietet es die Höflichkeit, Anfragen zumindest, wenn auch abschlägig zu beantworten.
Aus den Projektunterlagen der FH Steyr haben wir die untenstehenden Punkte entnommen, die im Zuge der nächsten Termine klären sollen, was nun tatsächlich das Ziel dieser Arbeit sein soll:
Fragestellungen / Arbeitspakete / Meilensteine
Phase 1
- Bis wann wird der detaillierte Projektplan vorgelegt?
- Welche Kernziele wurden definiert?
- Welche potenziellen Kooperationspartner konnten identifiziert werden?
- Welche potenziellen Kooperationspartner wurden kontaktiert?
- Welche ähnlichen Projekte konnten in Europa und international identifiziert werden?
Phase 2
- Bis wann wir die interaktive Plattform in diversen Szenarien konzeptioniert?
- Wie wurde die qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden gestaltet?
- Welche Umsetzungsvarianten wurden konzeptioniert?
- Welche möglichen Kooperationen und Partnerschaften wurden definiert?
Phase 3
- Bis wann wird das wirtschaftliche Konzept vorgelegt?
- Welche Fortschritte werden in der Entwicklung der Plattform erreicht?
- Wie sieht das qualitative und quantitative Forschungsdesign aus?
- Welche Interaktion mit welchen Unternehmen wurde durchgeführt?
Phase 4
- Welche Folgerungen ergab die Analyse der qualitativen und quantitativen Forschungsergebnisse?
- Wie konnten die qualitativen und quantitativen Forschungsergebnisse in das wirtschaftliche Konzept integriert werden?
- Wie kann das Wissen und die Erfahrungen der Kooperationen und Partnerschaften miteinbezogen werden?
Phase 5
- Wie kann der Fortschritt des Projekts bewertet werden?
- Welche Strategien wurden bisher erarbeitet und wie können diese angepasst werden?
- Wie kann das Wissen und die Erfahrungen der Kooperationen und Partnerschaften miteinbezogen werden?
Phase 6
- Wie wird die Vollendung aller geplanten Projektaktivitäten angezeigt bzw. evaluiert?
- In welcher Form werden die Projektergebnisse und -wirkungen ausgewertet?
- Welche nächsten Schritte und mögliche Erweiterungen sind geplant?
Abgesehen von der Klärung der finanziellen Punkte, erscheinen uns die in den 22 Punkten angeführten Zielsetzungen des Projektes doch recht schwammig. Soweit wir es jetzt beurteilen können, dient dieses Projekt dazu, wissenschaftlich festzustellen, ob es für ein Agrartechnologiezentrum in Waizenkirchen einen „Markt“ gibt. Das Projekt umfasst keine Planung, keine Kostenschätzung und keine Immobilienentwicklung, sehr wohl aber die Netzwerkbildung mit interessierten Firmen und Institutionen.
Bisherige Ergebnisse und Erwartungen
Bisher wurden seit 2020 etwa knapp 80.000 Euro netto für die Projektentwicklung von Créateur Chris Müller, die Planung der Architekten Stögmüller und die Vermessung durch die Firma plan-quadrat aufgewendet. Ergebnis ist einerseits eine Homepage und andererseits Entwürfe für mögliche Gestaltungen, die insbesondere mit dem BDA abgestimmt wurden. Wir wollen sicherstellen, dass wir nicht noch einmal ähnlich viel Geld investieren, aber der Sanierung des Schlosses um nichts näher kommen und nur ein paar Ideen erhalten.
In den kommenden Terminen wird sich zeigen, ob die notwendige Vertrauensbasis zur gemeinsamen Umsetzung dieses Projektes aufgebaut werden kann.