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19.11.2025 Allgemein

Kaiser sta(d/t)t Ischl

Durch ein ORF-Interview mit Karl Habsburg flammte unlängst eine Diskussion über Juwelen auf, die seit 1918 als verschwunden galten, tatsächlich jedoch in einem Schließfach in Kanada liegen. Details über den St. Georgs Orden, bei dem aktuelle und ehemalige österreichische Politiker (vor allem aus ÖVP und FPÖ) dem Oberhaupt der Familie Habsburg zu dienen geloben, tragen ihr weiteres dazu bei, dass man sich Gedanken über unser aller Umgang mit dem monarchischen Erbe Österreichs machen kann. Speziell in der Bad Ischl.

 

Ischl gilt, neben Wien, als die „Kaiserstadt“ schlechthin, das ist kein Geheimnis. Speziell als touristisches Alleinstellungsmerkmal trägt das zum Image der Stadt bei. Es geht jedoch im Allgemeinen nicht um den tatsächlichen Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Sisi, sondern um die Karlheinz Böhm und Romy Schneider Variante davon. Der Franzl, der in äußerster Aufopferung für „seine Völker“ wie ein liebevoller Vater auf alle Untertanen schaute. 

 

Aus touristischer Sicht ist es natürlich absolut verständlich, dass man diese Chance nutzt. Welcher österreichische Ort sonst könnte (außerhalb Wiens) so vom alten Glanz der Donaumonarchie profitieren. Und das gipfelt alljährlich in der Kaiserwoche, wo Gäste aus ganz Europa anreisen, um sich in diesem alten Glanz zu sonnen. 

 

Bad Ischl hat als Ort auch vor allem den Aufenthalten Kaiser Franz Josephs, und damit der kompletten Haute Volée des damaligen Kaiserreiches, seinen heutigen Status und sein Aussehen zu verdanken. 

Bei all der positiven Rückschau sollte man jedoch nicht vergessen, dass auch von hier aus knallharte Machtpolitik betrieben wurde. Menschen wurden, vor allem im ungarischen Reichsteil, massiv unterdrückt. Speziell in der zweiten Hälfte des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Monarchie quasi mit Gewalt zusammengehalten. Und nicht zuletzt wurde in der Kaiservilla die Kriegserklärung an Serbien unterzeichnet, die schlussendlich den 1. Weltkrieg auslöste und etwa 17 Millionen Menschen das Leben kostete. Das war nicht die alleinige Schuld einer Unterschrift oder nur des Kaisers, sondern einer Vielzahl von Akteuren in verschiedenen Ländern. Von all dem sieht man aber bei den alljährlichen Kaiser-Feierlichkeiten nichts.

 

Die Obrigkeit behielt sich in der Monarchie auch vor, Wild zum Vergnügen zu schießen, während die Einheimischen teils hungern mussten. Allein Kaiser Franz Josef soll während seines Lebens 55.000 Tiere geschossen haben. 

 

Nur eine Handvoll Bürger besaßen das Privileg, Schusswaffen zu besitzen. Natürlich die, die dem Herrscherhaus treu ergeben waren –  daher kommt noch heute der Begriff „Privilegierter Schützenverein“. Der gemeine Pöbel übte sich derweil heimlich am Stahel.

 

Und auch wenn der Ischler Erbstollen nach Franz Joseph benannt wurde, außer einem finanziellen, dürfte der Kaiser wenig Interesse an den ‘Beriglern’ und den anderen Saline-Mitarbeitern gehabt haben. 14 – 16 Stunden täglich, 6 Tage die Woche, schufteten die Arbeiter zu Hungerlöhnen. 

 

Politische Teilhabe war ohnehin verboten. Nur massiver Druck aus der aufkeimenden Arbeiterbewegung zwang die Verantwortlichen zu Verbesserungen. Und während ab etwa 1848 (bzw 1867) ein Teil der Bevölkerung per Zensuswahlrecht mitbestimmen konnte, das betraf etwa 6% der männlichen, reichen Bevölkerung, musste die männliche Arbeiterschaft bis 1907 darauf warten. Frauen fast aller Schichten noch bis 1918 und damit bis zum Untergang der Monarchie.

 

Welche Einstellung das Kaiserhaus gegenüber dem Volk hatte, zeigt auch die Wiener Ringstraße sehr gut. Erbaut anstelle der alten Stadtbefestigung, die 1848 während der Märzrevolution dafür sorgte, dass der Kaiser innerhalb der Stadtmauer quasi gefangen war, während sein Militär außerhalb stand. Auch deshalb wurde die Mauer abgetragen. Die Ringstraße wurde anschließend so breit gebaut, dass Barrikadenbau so gut wie unmöglich wurde, während gleichzeitig lange Geraden dem Militär ein gutes Schussfeld boten. Und rundherum wurden Kasernen errichtet, deren Türme so konstruiert waren, dass die stationierten Kanonen in die Stadt schießen konnten, anstatt sie nach außen hin zu verteidigen. All das zeigt: die Verantwortlichen misstrauten dem ach so geliebten Volk.

 

Sollte man deshalb den Kaiser thematisch aus Bad Ischl verbannen?

 

Nein, natürlich nicht. Es gehört zur Geschichte der Stadt und hat sie stark geprägt. Ein Großteil der Stadt profitiert auch nach wie vor vom Erbe der Monarchie.

 

Man sollte dennoch nicht vergessen, wie die Lebensrealität aussah und dass das mit den romantischen Filmen der 1950er Jahren so gut wie nichts zu tun hatte. Und als Demokrat:in und Republikaner:in sollte man auch nicht vergessen, dass Adel in Österreich per Gesetz 1919, aus gutem Grund, abgeschafft wurde.

 

Text von Lukas Baumbach und Kurt Lux