Die Schönheiten, die es zu bewahren gilt
Präsentation der Studie „Naturschutzfachliche Erhebungen in der Marktgemeinde Wilhering“*)
Die vom Ausschuss für die Angelegenheiten des Naturschutzes in Auftrag gegebene Biotopkartierung zeigt, dass es in Wilhering noch zahlreiche Naturschätze gibt, die es zu bewahren gilt.
Nachstehend seien einige Ausschnitte der Studie wiedergegeben.
Im gesamten Kartierungsgebiet wurden sieben verschiedene Biotoptypen erfasst. Insgesamt ergibt sich eine Biotopfläche von 34,49 ha, was einem Anteil von 10,87 % der Gesamtfläche Wilherings entspricht. Artenreiches Grünland nimmt davon über die Hälfte der Fläche ein. Besonders hervorzuheben sind die zahlreichen Magerwiesen im Gebiet. Neben artreichen Fettwiesen sind auch letzte Reste von Halbtrockenrasen im Gebiet erhalten geblieben. Letztere stellen für stark gefährdete bzw. seltene Pflanzen bedeutsame Lebensräume dar und sind daher von besonders hohem ökologischen Wert.
Unterschiedlichste Lebensräume sind durch die zunehmende Verbauung verloren gegangen. Davon betroffen sind u.a. die Südwest-Abhänge des Kürnberger Waldes, welche klassische Magerstandorte extensiven Grünlands darstellen.
Die Flora
Besonders erwähnenswert ist der Fund einer in Oberösterreich als ausgestorben gegoltenen Orchideenart, dem Purpur Knabenkraut (orchis purpurea). Jeweils vier vorgefundene Arten sind den Gefährdungskategorien „vom Aussterben bedroht“ und „stark gefährdet“ zuzuordnen. Darunter finden sich prominente Vertreter wie etwa die Bayrisch-Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris). 14 kartierte Pflanzen-Taxa sind laut der Roten Liste Oberösterreich „gefährdet“ und 15 Arten für Oberösterreich in der Vorwarnstufe gelistet. Dies betrifft vorrangig Arten nährstoffarmer Wiesen und steht somit direkt im Zusammenhang mit einer notwendigen Bewirtschaftung. Weitere 35 Arten sind regional in einer Gefährdungskategorie gelistet, jedoch nicht landesweit.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen umfassen grundsätzlich eine Mahd mit unterschiedlichen Schnittzeitpunkten. Bei jeder Mahd ist ein Abtransport des Mähguts erforderlich. Für alle Flächen gilt ein genereller Düngeverzicht.
Mühlbach
Der Mühlbach gestaltet sich in seinem oberen Abschnitt zumeist sehr naturfern und begradigt und verläuft durch Siedlungsgebiet. Nördlich der Siedlung der Peterseilstraße verlässt der Bach das geschlossene Siedlungsgebiet und verläuft ca. 130m durch einen Gehölzbestand bzw. durch Grünland und dann weitere 130m westlich einer kleinen Siedlung, begleitet von einem Ufergehölzstreifen bis zur Mühlbachstraße bzw. Dörnbacherstraße. Eine natürliche Gestaltung des Mühlbaches in diesem Bereich kann neben einer ökologischen Verbesserung auch zu einer Steigerung des Erholungswertes für die AnrainerInnen führen. In erster Linie sollte eine naturschutzkonforme Bewirtschaftung angestrebt werden. Möglich sind hier auch Maßnahmen zur Renaturierung des Mühlbaches. Punktuelle Aufweitungen des Bachbetts, Schaffung eines variierenden Breitenprofils und tieferen und flacheren Zonen, natürlichen Ufern und das Einbringen von Strukturelementen wie Wurzelstöcken, größeren Gesteinsblöcken, etc. führen zu einer ökologischen Aufwertung stark beeinträchtigter Gewässer.
Wälder
Die Auwälder im Gemeindegebiet umfassen vorwiegend Weiden mit teils hohem Alt- und Totholzanteilen. Für den Erhalt und die Förderung dieser Lebensräume bietet sich eine Außernutzungsstellung der Waldflächen an. Vorhandene neophytische Gehölze sind dringend zu entfernen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Eine Außernutzungstellung ist für alle Wald-Biotoptypen die beste Form des Managements, wenn ein möglichst naturnaher Zustand das Ziel darstellt.
Die Fläche im Kürnbergwald ist aber möglicherweise nicht ideal für eine vollständige Außernutzungstellung. Es sind jedoch einzelne Bäume vorhanden deren dauerhafter Erhalt eine sehr positive Wirkung auf die Biodiversität hat. Auch an Flächen angrenzende Strukturen, die nicht zum Altbestand selbst gehören, sollten erhalten bleiben. Beispielsweise ein Tümpel. Dieser dient einer Reihe von Organismen als Lebensraum, Kinderstube oder Wasserquelle und erhöht daher die Qualität der angrenzenden Waldfläche.
Waldmäntel fehlen oft, sind aber besonders artenreiche Lebensräume und sollten wieder hergestellt werden. Ein Wandmantel, bestehend aus Sträuchern wie zum Beispiel Schlehdorn, bildet einen Puffer, der den Bestand vor Wind, Austrocknung und Sonneneinstrahlung schützt.
Baumarten, wie etwa die Fichte, werden es in Zukunft noch schwieriger haben zu überleben und sollten daher, wenn überhaupt, nur in geringerem Anteil Eingang finden.
Ein weiterer Punkt ist der starke Wildeinfluss im Kürnberger Wald. Es wird eine generelle Senkung des Wildstandes im Kürnberger Wald empfohlen. Dadurch kann ein Umbau zu einer diversen Baumartenmischung, zum Beispiel mit Tannen, erleichtert werden.
Auch eine inhomogene Altersstruktur im Wald ist für die Diversität und Stabilität von großer Bedeutung. Diese bremst Bodenerosion und hält Nährstoffe im Wald. In den Bestandslücken kann Naturverjüngung vor ungünstigen Witterungsverhältnissen geschützt heranwachsen.
Für eine Vielzahl an Organismen im Wald bildet Totholz die Lebensgrundlage. Totholz im Bestand hat nicht nur einen positiven Einfluss auf die Biodiversität, sondern weist auch eine regulierende Funktion im Nährstoff- und Wasserhaushalt auf.
Äcker
Bei einer Tour durch das Gemeindegebiet Wilhering stechen besonders die großen Ackerflächen ins Auge und charakterisieren die Landschaft wesentlich. Der Grund für diese intensiv genutzten Flächen liegt an den, ackerbaulich gesehen, guten Böden. Durch die intensive landwirschaftliche Nutzung sind zahlreiche Landschaftselemente verschwunden. Zwischen den Flächen bleibt für die Tier- und Pflanzenwelt wenig Platz. Durch geeignete Maßnahmen können Ackerflächen für die heimische Tierwelt attraktiver gestaltet werden. Es bietet sich unter anderem die Anlage von Ackerrandstreifen an. Wichtig ist hierbei die Verwendung von hochwertigem, regionalem Saatgut. Hochwertiges Saatgut ist mit hohen Kosten verbunden, dadurch sind eine dauerhafte Anlage sowie eine naturschutzkonforme Bewirtschaftung, vor allem der Abtransport von Mähgut, sinnvoll. Durch Strukturvielfalt, zum Beispiel kleine Gebüschgruppen, können Individuen wandern und der genetische Austausch zwischen Populationen ist gegeben.
Streuobstwiesen
Nicht selten sind kleine Obstbaumbestände sowie einzelne, alte Obstbäume in der Landschaft zu finden. Derartige Bestände stellen nicht nur ein altes Kulturgut dar, sondern auch wichtige Kleinstlebensräume für unterschiedliche Tierarten. Vorwiegend in Streuobstbeständen gibt es einige noch stehende, abgestorbene Bäume, die ein wichtiges Habitat für holzbewohnende Tierarten darstellen.
Straßenböschungen
Straßenböschungen können sich durchaus zu artenreichen Wiesenflächen entwickeln, wenn geeignete Maßnahmen getroffen werden. Dazu ist das Mähen inklusive Abtransport des Mähguts notwendig. Als lineare Strukturen weisen Böschungen außerdem vernetzenden Charakter auf und können eine Korridorfunktion für verschiedenste Tierarten erfüllen.
Neophytenbekämpfung
Das „Auftreten invasiver Neophyten“ wurde im Rahmen der selektiven Biotopkartierung als häufigste Gefährdung für Biotopflächen angegeben. Für den Erhalt dieser Flächen ist eine Bekämpfung standortsfremder, invasiver Arten unerlässlich.
Amphibiengewässer
Kleinstgewässer sind wesentliche Habitate für Amphiben sowie andere gewässerbezogene Tierarten. Daher trägt die Anlage von naturnahen Teichen und Feuchtbiotopen, sowie die Revitalisierung bestehender Teiche wesentlich zu einer guten Strukturausstattung und Lebensraumvielfalt einer Landschaft bei.
Privatgärten
Naturschutz kann aber bereits im eigenen Garten beginnen. Um einige Bespiele zu nennen: bestehende Bäume erhalten, Heckenanlage aus heimischen Gehölzen, bunte Blumenwiesen fördern, etc.
*) BEARBEITUNG:
Helena Schwaiger, MSc Bettina Leitner, MSc Matthias Kaltenböck, MSc im Auftrag der Marktgemeinde Wilhering mit Unterstützung des Amtes der Oö. Landesregierung Direktion für Landesplanung, wirtschaftliche und ländliche Entwicklung Abteilung Naturschutz
REDAKTION: Günter Dorninger, Doris Eisenriegler
Eine öffentliche Präsentation der Studie wird am Donnerstag, 17. Oktober 2024 um 18.30 Uhr in der Musikschule, Balduin Sulzer Saal, stattfinden.