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26.10.2025 Allgemein

Das Ge­fühl an­ge­kom­men zu sein…

Biobauer Böhm mit seinen Rindern

Du bekommst das Gefühl angekommen zu sein

Garstner vor dem Vorhang:

Gespräch mit Ing. Matthias Böhm Biobauer am Rittergut in Oberdambach

Matthias, du bist kein geborener Garster. Wo kommst du eigentlich her und wie kam es dazu, dass du jetzt dieses, in jeder Hinsicht außergewöhnliche, Rittergut biologisch bewirtschaftest?

Aufgewachsen bin ich mit meinen 3 Geschwistern auf dem Bauernhof meiner Eltern in Ansfelden, dem elterlichen Betrieb meiner Mutter. Nach der Volksschule kam ich ins Gymnasium nach Linz, anschließend in die 5-jährige Höhere Landwirtschaftliche Bundeslehranstalt nach St.Florian, wo ich dann 2002 maturierte. Wir hatten immer einen zweiten Betrieb, den elterlichen Hof meines Vaters und von da her wurden mir, sozusagen, die Themen Landwirtschaft, Wald und Natur in die Wiege gelegt. Nach der Matura wollte ich nicht auf der BOKU weiterstudieren, sondern heim und am Hof mitarbeiten. Es stellte sich aber bald heraus, dass es bei so mittleren Betrieben wie den unseren schwierig ist, ein entsprechendes Einkommen für mehrere Arbeitskräfte zu erwirtschaften. Also machte ich mich auf die Suche nach etwas Passendem. Was mich damals auch sehr geprägt und meinen Horizont enorm erweitert hat, war ein 6-monatiger Aufenthalt in Kanada und die dortige Arbeit in einem spannenden landwirtschaftlichen Betrieb.

Wann wurdest du, sozusagen, „infiziert“ mit der Idee, biologischen Landbau zu betreiben? War das immer schon eine Option oder gab es da so etwas wie ein „Erweckungserlebnis“?

Nachdem wir zuhause nie wirklich intensive Landwirtschaft und immer schon Kreislaufwirtschaft betrieben haben, war der Weg zum Biolandbau nicht sehr weit. Trotzdem fielen mir die einseitigen Fruchtfolgen auf. Mit dem, im konventionellen Landbau üblichen, Einsatz des Kunstdüngers, oder den chemischen Pflanzenschutzmitteln, verband ich immer schon ein großes Unbehagen. Bereits als Kind hat mich die Zerstörung des Regenwaldes, damals auch die Sache mit dem Ozonloch und die Fragen des Umweltschutzes generell, sehr beschäftigt. Dann kam dazu, dass mein Vater, z.B. punkto Tierhaltung oder Direktvermarktung, immer schon andere Wege wie herkömmliche Betriebe gegangen ist.  In St. Florian waren wir übrigens der erste Jahrgang mit dem Unterrichtsfach “Biologischer Landbau”, das hat mich in meinen Intentionen natürlich bestärkt und zusätzlich motiviert, mich der biologischen Szene zuzuwenden.

Aber wie kommst du jetzt nach Garsten, zum Ritter in Sonnberg, um den alten Hausnamen zu erwähnen?

Es war klar, dass mein jüngerer Bruder den Betrieb meiner Mutter übernimmt und ich den meines Vaters in Oftering. Aber in der Zwischenzeit haben sich die Rahmenbedingungen am Hof meines Vaters so verändert, dass eine Weiterführung des Betriebes im Vollerwerb schwierig erschien und so haben wir einen Teil des Betriebes verkauft und das Rittergut in Garsten erworben.

Wie würdest du den Betrieb, in einer atemberaubenden Höhenlage, mit sensationeller Aussicht, den du 2010 übernommen hast, beschreiben?

Es ist ein typischer Grünlandbetrieb, mit einer schwer zu beschreibenden Aura, bzw. Energie, wo Du das Gefühl bekommst, angekommen zu sein. Fast ein magischer Ort, versteckt und zugleich offen, mit einem Blick auf die (ganze) Welt. Der Vorbesitzer hat den Hof schon seit 1995 biologisch geführt, allerdings war die (Bau)Substanz schon etwas „in die Jahre gekommen“. Eine Generation alleine kann so einen Betrieb nicht erhalten. Es geht um Ressourcen, um kontinuierliches Investieren, jede Generation muss da ihren Beitrag leisten. In der Landwirtschaft ist das generell so, dass längerfristig gedacht werden muss und dran bleiben wichtig ist.

Kannst du kurz deine Wirtschaftsweise beschreiben?

Wir betreiben Mutterkuhhaltung mit 2 extensiven Rassen. Die natürlichste Form der Tierhaltung, mit Mutterkühen, Stieren und Kälbern. Derzeit insgesamt 45 – 50 Stück. Wir produzieren keine Milch, sondern nur Fleisch. Wir schlachten selbst im nachbarlichen Schlachtbetrieb und wir vermarkten selbst, bzw. liefern für Markenprogramme, wie „Zurück zum Ursprung“ bei Hofer.

Weg von deinem Betrieb, hin zur Sicht auf die österreichische Landwirtschaft im Allgemeinen. Wie beurteilst du die gegenwärtige Situation?

Die Frage ist, welche Art der Landwirtschaft wir uns leisten. Wir haben nur einen Planeten und es ist essentiell wichtig, ökologischer zu wirtschaften. Dahingehend ist auch die Green Deal – Initiative der EU zu sehen. Andererseits müssen wir Landwirtschaft weltweit denken und da sind die Rahmenbedingungen natürlich sehr unterschiedlich. Da gibt es Produktionsbedingungen, die weit unter den Standards der österreichischen Landwirtschaft, die einzigartig sind, liegen. Die Frage ist nur, ob wir damit wettbewerbsfähig bleiben bzw. sind. Da braucht es Regelungen und Vorgaben und hier ist die Politik massiv gefordert, da die Weichen in die richtige Richtung zu stellen. Eines ist klar, wir auf den Höfen können nicht allein von Luft und Liebe leben. Das heißt, entweder die Konsumenten unterstützen eine ökologisch orientierte Wirtschaftsweise und kaufen die gesünderen Produkte, die z.B. wir hier (oben) produzieren, oder sie sagen, uns ist das eigentlich egal, wir wollen nur billige Lebensmittel haben. Es braucht also beides, eine ökofreundliche Politik mit dementsprechenden Rahmenbedingungen und Preisen, sowie aufgeklärte und gesundheitsbewusste Konsumenten, die Bio-Produkte kaufen.

Heißt das, dass unsere qualitätsvoller, bzw. ökologischer produzierten Lebensmittel teurer werden müssen?

Grundsätzlich ja, die Frage ist nur, wer bezahlt dieses „mehr“. Die Landwirte bekommen ja seit dem EU-Beitritt Ausgleichszulagen, somit werden die Lebensmittel mit öffentlichen Geldern gestützt, damit wir am Weltmarkt „mitspielen“ können. Bei mir machen diese Gelder z.B. 70 % vom Einkommen aus. Die Sache ist nur, abgesehen von der damit verbundenen Abhängigkeit, dass die Auflagen und damit der Aufwand immer mehr werden und dem Landwirt auf Dauer immer weniger bleibt und er ein zusätzliches Standbein braucht.

Stichwort: Zusätzliches Standbein. Du hast ja, genau wie deine Partnerin – sie ist Krankenschwester – auch ein zusätzliches Standbein, ohne dem ihr hier oben als Familie gar nicht leben könntet. Du warst Geschäftsführer und bist jetzt Obmann des Bio-Verbandes „Erde und Saat“, kannst du dazu noch etwas sagen?

Bio-Verbände sind die Interessenvertretungen biologisch wirtschaftender Betriebe. Der größte in Österreich ist Bio-Austria, wir sind mit 700 betreuten Betrieben der zweitgrößte. Neben der Interessenvertretung hinsichtlich Agrarpolitik und Förderpolitik geht’s, aufbauend auf den rechtlichen Rahmenbedingungen, um Qualitätssicherung, aber auch um Beratung und Fortbildung. In Österreich werden ja schon 27% der Fläche von über 23.000 Biobetrieben biologisch bewirtschaftet. Mit über einem Viertel der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche haben wir damit in Europa eine absolute Vorreiterrolle.

Als letzten Punkt, die Frage: Du bist jetzt 15 Jahre hier, wie ist deine Beziehung zu Garsten?

Nachdem mich der Betrieb relativ stark in Anspruch nimmt, habe ich wenig Zeit, mich gesellschaftlich in Garsten einzubringen. Kontakte ergeben sich vor allem durch unsere 2 Kinder und durch die Jagd, die für mich zum landwirtschaftlichen Betrieb gehört. Ganz wichtig ist mir die Wissensvermittlung im Rahmen der Initiative „Schule und Jagd“. Wir haben da immer ein Freizeitangebot in Garsten, da ist es mir ganz wichtig, immer dabei zu sein. Wie es mir überhaupt wichtig ist, vor allem in Sachen Landwirtschaft und anderen Bereichen, gerade der jüngeren Generation, Wissen zu vermitteln und gegenseitiges Verständnis aufzubauen. Letztlich sind wir alle in Sachen Ernährung, Wasser, Klimaschutz, Bodenschutz, Schutz der biologischen Vielfalt aufeinander angewiesen. Einfach lernen, dass vieles, das wir als selbstverständlich hinnehmen, gar nicht selbstverständlich ist.

Weitere Infos und Kontakt: www.ritterrind.at

Die Fragen stellte Georg Neuhauser.

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