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06.06.2024 Allgemein

(Kei­ne) Qual der Wahl

von altem und jetzigen Rathaus

Seit Monaten denkt man in der Gemeindepolitik über eine mögliche Verlegung des Gemeindeamtes zurück in das Erdgeschoss des alten Amtshauses (Kurzwernhartplatz Nr.1, im 1. Stock Polizei) nach. Die Debatte ist besonders brisant, weil dieses Manöver durch den Verkauf des derzeitigen Gemeindeamtes finanziert würde. Ich bin der Meinung, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, über diese Pläne informiert zu sein. Denn Meinungsbildung ist nicht ein Monopol des Gemeinderates, vor allem dann nicht, wenn es sich um so weitreichende Entscheidungen handelt.

Was soll mit dem jetzigen Gemeindehaus und dem früheren Amtsgebäude (Kurzwernhartplatz 1) in Zukunft geschehen?

Das Amtshaus ist in die Jahre gekommen (Eröffnung 1980) und es gibt einigen Sanierungsbedarf. Nun werden verschiedene Pläne diskutiert, zum einen den Erhalt des jetzigen Amtshauses, zum anderen eine Rückkehr in das ehemalige Amtsgebäude.

Da die Meinungen bezüglich a) Sanierung des bestehenden Amtshauses und b) Renovierung und Erweiterung des alten Amtshauses (über Finanzierung durch Verkauf des jetzigen Gebäudes) innerhalb der Gemeinde auseinander gehen, hat man im Budget 10.000 Euro für eine Machbarkeitsstudie vorgesehen.

Für eine Entscheidungsgrundlage sollte ein unabhängiger Sachverständiger die beiden Gebäude in Hinblick auf ihre Bausubstanz beurteilen und eine Schätzung abgeben, was die jeweilige Renovierung beziehungsweise ein Umbau kosten würde. Das ist momentan noch nicht erfolgt. Bisher gibt es keine realistischen Kostenschätzungen.

Sanierung des bestehenden Amtshauses

Die vordringlichste Maßnahme wäre die Umstellung der Heizung von Nachtspeicheröfen (Stromverbrauch) auf Fernwärme. Weiters notwendig wäre eine thermische Sanierung durch Dämmen und Austausch der Fenster, eine Sanierung des Daches und das Schaffen von Barrierefreiheit durch den Einbau eines Lifts.

Das Gebäude liegt wie das alte Amtsgebäude im Hochwasserbereich. Es wurde allerdings in Halbstockbauweise errichtet, sodass Keller und Garagen betroffen sein können, die Amtsräume aber geschützt sind.

Renovierung und Erweiterung des alten Amtshauses

Es gibt Entwürfe für den Umbau des Erdgeschosses und des Kellers des alten Amtshauses.  Da die Grundfläche nicht ausreicht, um das erforderliche Raumprogramm unterzubringen, gibt es die Überlegung, einen zusätzlichen Bau für einen Gemeinderatssaal bzw. Raum für Trauungen hinter dem Gebäude im Beserlpark positionieren. Das öffentliche WC würde nach diesem Plan ebenfalls dorthin verlagert. Schwierig und aufwändig ist die Umsetzung der Barrierefreiheit, die bei einem Umbau eines öffentlichen Gebäudes verlangt wird. Dazu müsste das Niveau der hinteren Räume (jetzt Küche und Vereinsräume) durch Abgrabung um bis zu 80 cm gesenkt werden und das Fundament unterfangen und abschnittsweise betoniert werden. Das Vorhaben, das Gemeindearchiv in den Keller zu verlegen, ist bei diesem (2013 vom Hochwasser betroffenen) Gebäude mehr als furchtlos. Der Keller war voll Grundwasser, das öffentliche WC über einen halben Meter überflutet.

Zur Geschichte: Auf dem Platz des jetzigen Amtshauses stand ursprünglich der „Harrachsche Hofkasten“, volkstümlich „Schüttkasten“ (Getreidekasten), der nach Plänen des Hofarchitekten Hans Smattosch, zur Volksschule umgebaut wurde und von 1877 bis 1971 als Bildungsstätte wirkte. (siehe Beitrag des ehemaligen Marktchronisten Johann Eggerstorfer in den Gemeindenachrichten Juli 2011)

Nach dem Umzug in die neuerbaute Volksschule in der Bahnhofstraße fand das Gebäude keine weitere Verwendung mehr. An dieser Stelle wurde dann das jetzige Amtshaus errichtet, da im alten Amtshaus am Kurzwernhartplatz Platzmangel herrschte und es nicht hochwassersicher war.

Das Rathaus sollte sich vor allem ins Ortsbild einfügen, quasi abschließend für die Abelstraße wirken, den gestiegenem Raumbedarf und die Infrastruktur für den Amtsbetrieb abdecken sowie die fallweise auftretenden Hochwässer berücksichtigen. (Auskunft von Marktarchivar Armin Bernauer)

Finanzierung durch Verkauf des jetzigen Amtshauses?

Dass das Grundstück des jetzigen Amtshauses Begehrlichkeiten weckt, ist bekannt und nicht verwunderlich. Es handelt sich ja um eines der zentralen und bestgelegenen Grundstücke und wäre schnell verkauft.

Von Seiten der Gemeinde liebäugeln nun manche mit der Idee, durch Veräußerung des jetzigen Amtshauses samt Grundstück eine Instandsetzung des alten Amtshauses zu finanzieren. Es ist für eine Gemeindeverwaltung allerdings ein Armutszeugnis, wenn sie beginnt, „Tafelsilber zu verscherbeln“. Dieser Grund ist seit über 150 Jahren im Besitz der Allgemeinheit und soll auch zukünftigen Generationen zur Verfügung stehen.

Nachhaltige Bauwirtschaft?

Ein Neubau (mit welcher Funktion auch immer) an Stelle des jetzigen, erst gut 40 Jahre alten Amtshauses wäre aus ökologischer Sicht zu hinterfragen. Für die Errichtung eines neuen Gebäudes wird eine große Menge an Ressourcen und Energie benötigt. Innerhalb der EU ist die Bauindustrie für 50 % des Rohstoffverbrauchs, für 36% des Festmüllaufkommens und fast 40% der CO2-Emissionen verantwortlich.  Früher wurden zum Vergleich der Wirtschaftlichkeit zwischen Altbausanierung und Neubau nur die Baukosten und der jährliche Energieverbrauch herangezogen, während jetzt die im gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes (vom Bau bis zum Abriss) verbrauchte Energie berücksichtigt wird. Dabei zeigt sich, dass aus ökologischer Sicht bisher in der Regel eine Gebäudesanierung einem Neubau überlegen ist.
Judith Wassermair
Judith Wassermair

Fraktionsobfrau

Gemeindevorstand
Umweltausschuss-Obfrau

Schriftführerin Bezirksvorstand

[email protected]
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